Das Bundesgericht erklärt die sogenannte "Lüftungsfensterpraxis" zahlreicher Kantone für unzulässig. Es genüge nicht, dass die Immissionsgrenzwerte bloss an einem zum Lüften geeigneten Fenster pro lärmempfindlichem Raum eingehalten werden. Nach Art. 22 USG, Art. 31 Abs. 1 und Art. 39 Abs. 1 LSV müssten die Immissionsgrenzwerte an allen Fenstern lärmempfindlicher Räume eingehalten werden.
Die Gemeinde Niederlenz im Kanton Aargau erteilte diversen Bauherrn Baubewilligungen über mehrere Einfamilienhäuser im Gebiet Bölli Süd. Aufgrund einer dagegen ergangenen Beschwerde ergänzte das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau (BVU) die Baubewilligungen mit Auflagen. Gegen diesen Entscheid wurde erneut Beschwerde geführt. Diese wurde vom Verwaltungsgericht des Kantons Aargau gutgeheissen und die Baubewilligungen wurden aufgehoben, da die Planungswerte für Industrie- und Gewerbelärm überschritten wurden (Lärm-Empfindlichkeitsstufte II). Die Bauherrschaften gelangen an das Bundesgericht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Das Bundesgericht prüft, ob Gründe dafür existieren, dass für das Bauen in Lärm belasteten Gebieten (Art. 22 USG) die Messung an dem am wenigsten exponierten "Lüftungsfenster" jedes lärmempfindlichen Raums ausreicht. Da in der deutschen sowie der italienischen Version des Art. 39 Abs. 1 LSV der Plural des Wortes "Fenster" verwendet wird, bei der französischen Version jedoch nur die Einzahl, lässt sich diese Frage mittels grammatikalischer Auslegung nicht beantworten. Der Schutzgedanke des Umweltrechts spricht dafür, dass bezüglich Immissionen auf das am stärksten und nicht das am schwächsten betroffene Fenster abzustellen ist. Entscheidend für die Auslegung von Art. 39 Abs. 1 LSV ist der Sinn und Zweck dieser Bestimmung, welcher im Gesundheitsschutz liegt. Die "Lüftungsfensterpraxis" würde aber gemäss Bundesgericht zu dessen Aushöhlung führen: Würde es für die Baubewilligung genügen, wenn die Immissionsgrenzwerte am ruhigsten, lärmabgewandtesten Fenster jedes lärmempfindlichen Raums eingehalten wären, könnte sich die Projektgestaltung auf die Abschirmung der hinterliegenden Lüftungsfenster beschränken und auf weitere Lärmschutzmassnahmen (aus Kostengründen) verzichtet werden. Die Vollzugsbehörde müsste die Baubewilligung erteilen, ohne dass Raum für eine Interessenabwägung verbliebe. Auch Art. 32 Abs. 2 LSV (verschärfte Anforderungen an die Schalldämmung) kommt nicht zum Zuge, wenn keine Ausnahmebewilligung erforderlich ist. Zudem würde dadurch der Druck auf das Gemeinwesen sinken, Massnahmen zur Bekämpfung von schädlichen oder lästigen Lärmimmissionen an der Quelle anzuordnen, obwohl diese nach Art. 11 Abs. 1 USG Vorrang geniessen würden (E. 4.4).
Das Bundesgericht anerkennt zwar, dass Zielkonflikte zwischen dem Lärmschutz und der raumplanerisch gebotenen Siedlungsverdichtung bestehen, jedoch könne diesen Anliegen auf dem Wege der Ausnahmebewilligung Rechnung getragen werden.
Das Bundesgericht hält zusammenfassend fest, dass nach Art. 22 USG, Art. 31 Abs. 1 und Art. 39 Abs. 1 LSV die Immissionsgrenzwerte an sämtlichen Fenstern lärmempfindlicher Räume eingehalten werden müssen.